23.07.2017 - Dem Opfer der Dieselpest neues Leben eingehaucht

Seit 2009 wird herkömmlichem Diesel  ein Anteil von 7% Biodiesel beigemischt.  Dadurch verliert der althergebrachte Dieselkraftstoff spezifische Eigenschaften. Biodiesel zeigt, speziell bei hohem Wasseranteil, eine Tendenz zu mikrobiologischer Verunreinigung. Dadurch entstehen unter anderem Proteine, die schleimige Emulsionen bilden und die Kraftstoffqualität beeinflussen. Speziell bei unseren Museumslokomotiven, deren Motoren eher selten angelassen werden, entstand daher ein Problem.  Sind deren Tanks nicht vollständig gefüllt, was allein aus Kostengründen nicht zu bewerkstelligen ist,  bildet sich in den Tanks im Laufe der Zeit Kondenswasser. Das Problem hat einen Namen:  Dieselpest; als solche wird das Auftreten von Mikroorganismen (Bakterien, Hefen, Schimmelpilze) im Dieselkraftstoff mit sichtbarer Bildung eines Bioschlamms bezeichnet. Dadurch kann es zu Funktionsstörungen von Dieselantrieben kommen, weil der Bioschlamm Verstopfungen von Filtern und Treibstoffleitungen verursacht und somit den Fluss des Dieselkraftstoffs zum Motor behindert. Dies wird vor allem bei  langen Standzeiten wahrgenommen. Mikroorganismen ernähren sich von Kohlenwasserstoffen und benötigen zusätzlich Wasser, das in geringem Maße stets im Diesel enthalten ist. Durch den Zusatz von bis zu 7 Vol.-% Biodiesel stehen zusätzlich biologisch leicht abbaubare Komponenten zur Verfügung. Durch die exponentielle Vermehrung der Mikroorganismen kommt es zur Bioschlammbildung, die zu Filterverstopfungen und mikrobieller Korrosion führen kann.

Zu dieser Erkenntnis gelangten wir im Verlauf des Jahres 2011; war es uns in 2009 noch gelungen unsere  V6M 436 zu starten, so waren die Startversuche in der Folgezeit erfolglos.

 

Als Ursache fanden wir heraus, dass der stark verunreinigte Diesel im Tank nicht nur alle Filter verstopft, sondern auch die gesamte Einspritzanlage lahmgelegt hatte. Zunächst musste der „Alt-Diesel“ abgepumpt und entsorgt werden, eher ein kleines technisches Problem. Dem folgte die Reinigung der Leitungen und Filter,  was sich schon schwieriger gestaltete. Eine vollständige Befüllung des Kraftstofftanks mit nahezu 1000 Litern Diesel belastete natürlich auch die Vereinskasse, sodass die Wiederinbetriebnahme der Lok nicht an die erste Stelle der Prioritätenliste gesetzt wurde. Nachdem auch dieses Hindernis überwunden werden konnte, der Tank gefüllt und dem Treibstoff  ein spezielles biozides  Additiv beigefügt wurde, hoffte man auf eine schnelle Inbetriebnahme. Dies erwies sich aber als falsche Hoffnung, zeigte doch die Einspritzpumpe wenig Neigung ihrer Funktion nachzukommen. So blieb es bei verschiedenen Versuchen, der Verschmutzung von außen beizukommen, die aber ebenfalls erfolglos blieben.

Da wir diese Lokomotive beim diesjährigen „Fototag“ als weltweit einzig betriebsfähig verbliebenes Exemplar präsentieren wollen, musste ein echter Fachmann der alten Schule gefunden werden. Unser Vereinsmitglied Edgar Warbinek nahm sich des Problems an. Als Kfz-Meister verfügte er über das notwendige Basiswissen und viel Berufserfahrung, gepaart mit persönlichem Ehrgeiz ist es ihm nun gelungen, nach mühseliger Demontage und Reinigung aller Komponenten der Kraftstoffanlage, den  Motor wieder zum Laufen zu bringen. Erschwerend kommt hinzu, dass wie vielleicht nicht jedem Eisenbahnfreund bekannt, zum Startvorgang die Anlassflaschen der Lok zunächst erst einmal mit der Ladeluft gefüllt (500Liter) und auf einen Druck von 25 bar gebracht werden. Erst dann ist die Lok startbereit und der Motor kann „angeblasen“ werden. 

 

 

Am 20. August wird man, im Rahmen des Fototages, diesen heutzutage nicht mehr alltäglichen Startvorgang live verfolgen können.

Wir freuen uns auf Ihren Besuch und das gemeinsame Erlebnis.